Medienproduktion der Zukunft: 20 Prozent Print, 80 Prozent Digital

Tage der Medienproduktion des Fachverband Medienproduktion e.V.
© Fachverband Medienproduktion e.V.

Die „Tage der Medienproduktion“, veranstaltet vom Fachverband Medienproduktion e.V. (f:mp.) am 18./19.05.2017 im CCD Süd der Messe Düsseldorf, waren aus Sicht aller Beteiligten mit über 540 Teilnehmern ein großer Erfolg. Gelungen war es vor allem, Fachpublikum sowohl aus dem Dienstleistungsbereich (Agenturen, Druckereien) als auch aus Unternehmen (Industrie, Handel) zu gewinnen. Dieser Interessensvielfalt kam auch das breite Angebot an Vorträgen entgegen. Die Besucher konnten am ersten Technologie-Tag zwischen drei, am zweiten Kongresstag zwischen zwei parallelen Slots auswählen.

Melaschuk-Medien hat am ersten Technologietag einige Workshops besucht, die im Folgenden zusammengefasst werden.

Tag der Medienproduktion - Eingang zu den Workshops
© Fachverband Medienproduktion e.V.

Geschäftsprozesse automatisieren und Freiräume schaffen

Mit einer Vielzahl an Praxisfällen zeigte Frank Siegel von Obility, wie E-Commerce- und Print-Prozesse mittels Automatisierung und Prozessoptimierung den Anforderungen von Printbuyern und Dienstleistern an die digitale Transformation entsprechen können.

Dies zeigte ein Beispiel eines Drucksacheneinkäufers in einem Unternehmen: Der Nutzer wählt eine Werbekampagne aus, das System greift auf die passende Vorlage zu und integriert die Corporate-Design-Elemente. Der Nutzer löst eine Bestellung und damit Benachrichtigungen an definierte Personen für die Freigabe aus.

In einem anderen Fall, eines Druckdienstleisters, wird ein Auftrag online oder offline erfasst und der Termin für die Druckdatenanlieferung hinterlegt. Das System überwacht die Termine selbsttätig und versendet bei Bedarf automatisch E-Mail-Erinnerungen. Mittels in den E-Mails integrierten Upload-Links können Druckdaten hochgeladen und im Anschluss systemgesteuert geprüft werden.

Die Merkmale von Print 4.0 sieht Frank Siegel in der Schaffung von Schnittstellen und Webservices, der Prozessintegration, Virtualisierung und IT-Kompetenz sowie neuen Arbeitsstrukturen und dem Erzeugen von Mehrwerten.

Prozessautomatisierung mit Obility
© Obility

Der Countdown für den europäischen Datenschutz läuft

Todo's Europäische Datenschutzverordnung
© Ulf Glende – glende-consulting.de

Ein Thema, das vielen unter den Nägeln brennt, wurde von Ulf Glende von Glende.Consulting sachkundig vorgestellt: Die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) tritt am 25. Mai 2018 in Kraft und drängt sich langsam, aber sicher, immer mehr in das Bewusstsein all jener, die mit personenbezogenen Daten umgehen – wozu auch z.B. IP-Adressen gehören.

Glende machte deutlich, dass die Bedeutung der DSGVO vor allem daraus resultiert, dass alle nationalen Gesetze ersetzt werden und sich der Strafrahmen erheblich vervielfacht hat. Für Unternehmen allerdings, die sich bisher an die gesetzlichen Vorschriften (Bundesdatenschutzgesetz, BDSG) gehalten haben, würde sich der Handlungsbedarf in Grenzen halten. Für Druck- und Mediendienstleister ist wichtig, dass personenbezogene Daten weiter für die Direktwerbung grundsätzlich verwendet werden dürfen – nur eben rechtmäßig.

Zentraler Punkt der Neuerungen ist, dass der Einwilligung der Betroffenen bei Verwendung ihrer persönlichen Daten ein hoher Stellenwert eingeräumt wird. Diese Einwilligung muss aktiv erfolgen, z.B. schriftlich, telefonisch, mündlich oder durch Anklicken einer Textbox. Stillschweigende Einwilligungen durch „Untätigkeit“ sind ungültig.

Sogenannte „Auftragsverarbeiter“, also Druck-und Mediendienstleister, sind fortan haftbar und müssen dafür Sorge tragen, dass die Bestimmungen der DSGVO eingehalten werden. Dazu kann es erforderlich sein, mit Geschäftspartnern, darunter datenanliefernden Agenturen, neue Verträge abzuschließen.

Ulf Glende am Tag der Medienproduktion
Ulf Glende von Glende.Consulting © Fachverband Medienproduktion e.V.

Print wird datengestützt und personalisiert

Horst Huber von Werk II illustrierte, welche gedanklichen und praktischen Umstellungen die digitale Transformation mit sich bringt. Es gebe immer mehr Touch-Points, wobei der Printkanal zwar eine wichtige, aber relativ geringe Bedeutung habe. Geschätzt wird der künftige Anteil von Print auf etwa 20 Prozent.

Huber rückte die verschiedenen Gesetzmäßigkeiten der Print- und der digitalen Welt ins Bewusstsein:

  • Um den Medienkanal Print habe sich eine „Fehlervermeidungsindustrie“ entwickelt. In Druckproduktionen haben Fehler irreversible Folgen, in der digitalen Welt hingegen werden Fehler in Sekundenschnelle einfach korrigiert.
  • Im Printbereich legt man Wert auf Qualität und retuschiert feinste Details, während es im Digitalbereich darum geht, einen hohen Durchsatz zu erzielen, wofür man bereit ist, ein geringeres Qualitätsniveau hinzunehmen.

Nach Huber sind Mitbewerber der Mediendienstleister künftig zunehmend Internet-Unternehmen und Plattformen. Ein Beispiel sind Webportale, über die Freistellungen beauftragt werden können. Daten werden stärker an Bedeutung gewinnen und es dominieren kontextorientierte Daten (z.B. Preisangaben in Abhängigkeit von bestimmten Zeitpunkten); Publikationen werden zunehmend personalisiert.

Mediendienstleister werden zu IT-Dienstleistern mit Medienkompetenz, automatisierte Massenproduktion von Medien-Content ist zu bewältigen und der intelligente Umgang mit Daten ist gefordert.

Werk II ist Anbieter der Middleware priint:suite und spezialisiert auf die automatisierte datenbankgestützte Publikationserstellung.

Horst Huber von Werk II am Tag der Medienproduktion
Horst Huber von Werk II © Melaschuk-Medien

Crossmedia-Kampagnen erfordern vernetztes Arbeiten von Kreativen und Medienproduktionern

Thomas Heinrich von Printdata zeigte anhand eines fiktiven praktischen Beispiels einer Werbekampagne von Kaffeautomaten, wie mit dem Crossmedia-System XMPie von Xerox einheitliche Nutzerfahrungen über mehrere Medienkanäle hinweg möglich sind.

XMPie ist eine Lösung, die von der Planung, Umsetzung über die Kontrolle für crossmediale Kampagnen eingesetzt werden kann. Mit Plug-ins wird auf Adobe-Programme zugegriffen, die für die Template-Erstellung genutzt werden. Für die Integration der Datenquellen, Definition der Logiken und Variablen ist das System XMPie zuständig.

Das praktische Beispiel zeigte eine Kampagne mit personalisierter Website, Printbroschüre und E-Mail-Versand, die bei der initialen Wahrnehmung startet und mit Empfehlungsmarketing endet.

In der anschließenden Diskussion zeigte sich, dass eine Zusammenarbeit zwischen Kreativen, Marketing-Mitarbeitern und Mediendienstleistern notwendig ist, um Crossmedia-Projekte zu realisieren. Dies erfordert von manchen Mediendienstleistern eine Umstellung der bisherigen Arbeitsweisen.

XMPie für Crossmedia-Kampagnen
© Printdata/Xerox

Medienproduktion automatisieren – für mehr Output in kürzerer Zeit

DALIM SOFTWARE ist ein etablierter Partner für Lösungen rund um effiziente Medienproduktions-Prozesse. Andreas Wagner von DALIM zeigte, wie bisher analoge, zeitaufwendige und fehleranfällige Abläufe durch Automatisierung und Softwareunterstützung optimiert werden können.

Wurden von Herstellern früher nur zwei Kataloge im Jahr und zwei bis drei Bilder pro Produkt publiziert, so gebe es heute mehr kleine, zielgruppenspezifische Ausgaben, die gedruckt und im Webshop abgebildet werden. Zusätzlich muss die Produktdarstellung in allen verfügbaren Farbvarianten erfolgen.

Diese Anforderungen werden von den webbasierten DALIM-Systemen Enterprise Solutions (ES) und DIALOGUE in mehreren Prozessschritten umgesetzt. Dazu gehören das Projektmanagement, Digital Asset Management (DAM), Freigabemanagement, die Datenverarbeitung und das Reporting.

Andreas Wagner von DALIM am Tag der Medienproduktion
Andreas Wagner von DALIM Software. © Fachverband Medienproduktion e.V.

Mit Geomarketing Kundennähe beweisen

Welche Effekte und Vorteile das Übersetzen von Adressdaten in Geodaten hat, erläuterte Thomas Schnettler der locr GmbH. Es können verschiedene Kartenarten in personalisierte Anschreiben eingebunden werden, z.B. mit Routen zum nächstgelegenen Standort oder Videokarten, die die Anreise simulieren. Auf diese visuellen und Wiedererkennungs-Effekte würden (potenzielle) Kunden gut ansprechen.

Wichtige Einsatzbereiche sind Veranstaltungspromotion, Standorteröffnungen oder die Bekanntmachung von Umzügen. So kann der beste Weg zu einem Standort gezeigt werden und die Information, wie lange eine Anreise dauert. Besonders bei Örtlichkeiten, die schwer zu finden sind, seien solche Orientierungshilfen wichtig.

Der erfolgversprechendste Einsatzbereich sei der Retailsektor, da man im Einzelhandel in besonderem Maße darauf angewiesen ist, dass die Kunden vor Ort einkaufen.

Thomas Schnettler von locr am Tag der Medienproduktion
© locr

Autor: I. Melaschuk
Datum: 23.05.2017