Schnittstellen zu Auftrags- und Produktionssystemen in Druckereien

Dieser Abschnitt befasst sich vor allem mit der Integration von Web-to-Print-Lösungen in Systeme, die in Druckbetrieben für die technischen und kaufmännischen Abläufe zum Einsatz kommen.

JDF- oder Printtalk-Schnittstellen

Dabei spielt JDF eine wichtige Rolle, das Job Definition Format. Mit Hilfe von JDF werden Auftrags- und Produktionsparameter von Druckprodukten zwischen Geräten und Maschinen in einem einheitlichen Format ausgetauscht. Somit ist die Vernetzung und Integration von Systemen unterschiedlicher Hersteller möglich. Ein weiteres Ziel ist die Automatisierung der kaufmännischen und technischen Abläufe. Printtalk ist ein Teil der JDF-Spezifikation und enthält die Produktbeschreibungen sowie kaufmännische Angaben, die für Anfragen, Angebote, Rechnungen und Lieferscheine relevant sind.

Über JDF-basierte Schnittstellen zur Integration von Web-to-Print-Systemen verfügen zum Beispiel Agfa, EFI, Fujifilm, Heidelberg und Xerox. Bei den „klassischen“ Web-to-Print-Anbietern gibt es die meiste JDF-Erfahrung bei Printdata/Obility und M/S Visucom mit dem System Online-Printshop OPS, Trodat (System utypia), Hiflex Webshop, Pageflex und Boretius (System trivet.net). Trivet.net verfügt über einen Standard-JDF-Adapter auf Basis von Printtalk. Pageflex hat ebenfalls einen JDF-Adapter für die Systeme Storefront und iWay, die Anbindung wird aber dennoch zumeist per XML realisiert.

Auftragssysteme mit Schnittstellen zu Web-to-Print-Systemen

Bei Druckdienstleistern werden Auftragssysteme, sogenannte MIS- (Management Informations-Systeme) für die kaufmännische Auftragsabwicklung eingesetzt.

Integration Web-to-Print und Auftragssystem
Integration Webshop und Auftragssystem (© Melaschuk-Medien)

Bei dem größten Teil der Installationen von Web-to-Print-Systemen bei Druckdienstleistern wird das Auftragssystem unabhängig vom Webshop betrieben und es werden verschiedene Kalkulationssysteme genutzt (siehe Abbildung „Integration Webshop und Auftragssystem“, Ablauf 1). Begünstigt wird dieser Umstand auch durch die Tatsache, dass ein großer Teil der Webportale auf Mietbasis, also außerhalb der eigenen IT-Infrastruktur betrieben wird.

Bei der direkten Anbindung eines unabhängigen Web-to-Print-Systems an ein Auftragssystem werden die Auftragsdaten im XML-Format übergeben und Aufträge automatisch angelegt. Eine Rückmeldung vom Auftragssystem an das Web-to-Print-System findet in der Regel nicht statt (siehe Abbildung „Integration Webshop und Auftragssystem“, Ablauf 2).

Eine Ausnahme ist die Anbindung zwischen den Systemen trivet.net von Boretius und paginanet. Boretius hat eine sehr weitgehende Integration zwischen seinem Web-to-Print-System trivet.net und dem Auftragssystem Paginanet realisiert, die sogar eine bidirektionale Synchronisation von Kunden- und Produktdaten ermöglicht. Dabei werden die Daten in beiden Systemen abgeglichen und aktualisiert (siehe Abbildung „Integration Webshop und Auftragssystem“, Ablauf 3).

Schnittstellen zum Auftragssystem Megalith wurden von den Web-to-Print-Anbietern Agfa, Printdata/M/S Visucom und Boretius umgesetzt. Das Auftragssystem Printplus wird von Printdata/M/S Visucom, Boretius und von Viva angesteuert. Des Weiteren bietet sich ein sehr uneinheitliches Bild mit nur vereinzelten Anbindungen, bei denen die übliche Integration in der automatisierten Übergabe der XML-Auftragsdaten an das Auftragssystem besteht – ohne Rückmeldung an das Web-to-Print-System.

Weitere Verbindungen gibt es zwischen folgenden Systemen:

  • Fujifilm (Webshop) – Lector (Auftragssystem)
  • Boretius (Webshop) – Prosecco (Auftragssystem)
  • Fujifilm, Vit2Print (Webshops) – Hiflex (Auftragssystem)
  • Vit2Print (Webshop) – Pragma, apps4print, Rogler (Auftragssysteme)
  • print4reseller (Webshop) – Lexware (Auftragssystem)
  • Online Print Solutions, Boretius (Webshops) – EFI Pace (Auftragssystem)

Interessant ist, dass es Bestrebungen bei Druckdienstleistern gibt, das Web-to-Print-System als Auftragssystem einzusetzen. Diese Möglichkeit bietet zum Beispiel Hiflex, da mit dem Produktkonfigurator des Hiflex Webshops flexible Kalkulationen möglich sind.

Ablauf Web-to-Print bei Heidelberg
Quelle: Heidelberger Druckmaschinen AG

Auftragssysteme mit integrierten Web-to-Print-Systemen

Für den folgenden Abschnitt hat freundlicherweise Karen Meyer Informationen zur Verfügung gestellt:

Karen Meyer
Beratung für Prozessoptimierung in der Druckvorstufe
kontakt@karenmeyer.de
http://www.karenmeyer.de

Einige Anbieter von Auftragssystemen bieten auch eigene Web-to-Print-Portale an. Dazu gehören Dims, EFI, Heidelberg, Koch APL, Lector, Pragma, Printplus, Prosecco, Rogler, ssb, Theurer und Hiflex. Ein Hauptnutzen eines in das Auftragssystem integrierten Web-to-Print-Systems besteht darin, dass Kunden-, Artikeldaten und Preise von einem System in das andere automatisch übernommen und abgeglichen werden können. Innerhalb login-geschützter Bereiche können Lagerbestände abgerufen sowie Wiederholaufträge geordert werden. Das automatische Anlegen von Aufträgen aus dem Webshop im Auftragssystem ist leider nicht so selbstverständlich, wie man meinen sollte – dies bieten erstaunlicherweise wenige. Eine weitgehende Verbindung zu seinem Auftragssystem hat Rogler realisiert, indem im Webshop auf die Kalkulation im Auftragssystem direkt zugegriffen werden kann. Alternativ lassen sich auch Preislisten hinterlegen.

Der Upload fertiger Druckdateien im Webportal ist eine Basisfunktion, auf die sich die meisten Auftragssysteme beschränken. Printplus integriert Fremdsysteme für das Editieren von Druckvorlagen je nach Kundenanforderung. Rogler technoWEB© hat einen Online-Designer zur individuellen Gestaltung von Ducksachen.

Schnittstellen zu Produktionssystemen

Neu vorgestellt wurden auf der drupa einige Web-to-Print-Systeme der Anbieter von Produktionssystemen. Dazu gehören Agfa, EFI, Fujifilm, Heidelberg und Kodak. Die Integrationen werden meist realisiert in Form einer Übergabe der PDF-Druckdaten und Auftragsdaten per XML oder JDF/Printtalk. Für Druckdienstleister interessant ist hierbei die direkte Weiterleitung der Druckaufträge in die automatisierte Produktion. In vielen Fällen gibt es jedoch erst noch eine Zwischenstation, in der die Aufträge ggf. gesammelt und dann an die Produktion übergeben werden. Teilweise gibt es auch einen bidirektionalen Datenaustausch, wobei der kleinste gemeinsame Nenner die Rückmeldung des Produktionsstatus ist. Heidelberg hat die Rückmeldungen aus der Produktion noch erweitert um den Versand eines Datenprüfprotokolls und einen in Prinect gerenderten Softproof an den Benutzer des Web-to-Print Managers.

Fujifilm hat sein System XMF PrintCentre selbst entwickelt; Agfa verbindet verschiedene Fremdsysteme zu einem Gesamtsystem mit der Bezeichnung Apogee Storefront. Heidelberg (Web-to-Print Manager, Basissystem ist Pageflex Storefront) und Kodak (Online Print Solutions) verbinden fertige Komplettsysteme mit ihren eigenen Produktionssystemen und kümmern sich vorrangig um die Schnittstellen.

Quelle: Fujifilm

EFI (Digital Storefront), Xerox (FreeFlow Webservices) und Konica Minolta (Druckshop und Web-to-Print) haben ihre Webportale schon länger im Angebot. Weitere Anbindungen gibt es zwischen dem Prinect-Workflow von Heidelberg und seinen Partnern Printdata und Neo7even; Hiflex integriert nach der Übernahme durch Hewlett Packard nun selbstverständlich HP-Drucksysteme.

EfI Workflow
Integration von Auftrags- und Produktionssystemen (Quelle: EFI)

PDF und XML sind Standard

Der gängigste Methode der Übergabe der Daten aus einem Web-to-Print-System an das Produktionssystem ist das Bereitstellen der PDF-Druckdaten in Verbindung mit den Auftrags- und Produktionsdaten im XML-Format, in sogenannten Hotfoldern. Dies sind Verzeichnisse, von denen in definierten Zeitabständen automatisch Dateien abgerufen werden. Dies wird nahezu ausschließlich von den folgenden Anbietern so gehandhabt: Konmedia (System Brandbox), Werk II (System priint:comet), Online Print Solutions (Kodak), Vit2Print (System Vit2Print), Color Alliance (System Web2Print), Neo7even (System Neozenzai), Pageflex Storefront, Pageflex iWay, Kinetik (System iBright), page one (System apps4print), Infowerk (System Web Wide Publisher), Boretius (System trivet.net).

Die Qual der Wahl

Druckdienstleister haben eine große Auswahl, wenn es um ein Web-to-Print- oder Web-to-Publish-System geht. Anbieter von Produktionssystemen haben sich bemüht, möglichst leistungsfähige Web-to-Print-Systeme mit einer großen Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten mit ihren Workflow-Systemen zu verbinden, die darüber hinaus den Vorteil der automatisierten Produktion bieten.

Systeme der Auftragssystem-Anbieter ermöglichen eine effizientere kaufmännische Abwicklung von Online- und klassischen Aufträgen. Jedoch ist der Funktionsumfang der Web-to-Print-Systeme in vielen Fällen eingeschränkt.

Bleibt noch der Einsatz eines „unabhängigen“ Systems. Hier können entweder bereits realisierte Schnittstellen genutzt oder es müssen neue geschaffen werden, um die Aufträge aus dem Webportal automatisiert in Auftrags- und Produktionssystemen weiterzuverarbeiten.

Datum: 08.06.2012
Autor: I. Melaschuk