Web-to-Print: Chancen für Druckdienstleister

Das Internet gewinnt mehr und mehr an Bedeutung – sowohl im E-Commerce allgemein als auch speziell bei der Online-Beschaffung von Drucksachen: Über die Hälfte der deutschen Unternehmen kauft Waren und Dienstleistungen online ein (BITKOM, 2012) und der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) ermittelte eine jährliche Umsatz-Wachstumsrate im Bereich Web-to-Print-Services von 41 Prozent (BVDW 2013, Die digitale Wirtschaft in Zahlen von 2008 bis 2014).

Strategische Entscheidung über Online-Angebot

Zu den grundsätzlichen Entscheidungen, die Druckdienstleister treffen müssen, gehört, ob offene, geschlossene Webshops oder beides angeboten werden sollen. Zudem ist bei offenen Webshops über die Frage der Zielgruppe zu entscheiden: Privatkunden bzw. Endverbraucher (B2C, Business-to-Consumer) oder Geschäftskunden (B2B, Business-to-Business). Bei geschlossenen Webshops, auch B2B-Portale genannt, werden ausschließlich Geschäftskunden angesprochen.

Systembetreiber, Funktionen und Zielgruppen für Web-to-Print
Druckdienstleister müssen strategische Entscheidungen zu Funktionen und Zielgruppen von Web-to-Print treffen. Bild: MELASCHUK-MEDIEN

Webauftritt als Spiegel der Leistungsfähigkeit und Sprungbrett

Der Webauftritt der Druckerei soll Kompetenz unter Beweis stellen und zu den eigenen Dienstleistungen hinführen. Das kann die Know-how-Vermittlung sein, zum Beispiel in Bezug auf Veredelungen und Verarbeitungsvarianten, die Kalkulation von komplexen Drucksachen, das Bereitstellen von Designvorlagen oder der Versand von Mustermappen. Erfahrungen in der Praxis zeigen, dass Webauftritte mit nützlichen Inhalten eine wichtige „Sprungbrett“-Funktion erfüllen und viele Neukundenkontakte entstehen.

Auch eine Demoanwendung mit einer individualisierbaren Visitenkarte zeigt bereits, dass der Anbieter praktisch umsetzen kann, was er anbietet. Diese Funktion erfüllen ebenso offene Webshops, deren Aufbau sich auch dann rechtfertigen kann, wenn die Druckerei ein kombiniertes Angebot von beratungsintensiver „klassischer Einzelfertigung“ plus der Möglichkeit eines 24-Stunden-Service für Standarddrucksachen in einem offenen Webshop bieten möchte. Je höher der Anspruch an die „Reichweite“ ist, desto mehr muss dann in Suchmaschinen-Optimierung und Online-Marketing investiert werden.

Web-to-Print-Produktion als Sprungbrett für klassische Druckaufträge
Web-to-Print-Produktion kann eine „Sprungbrett“-Funktion erfüllen. Bild: MELASCHUK-MEDIEN

Kundenspezifische Angebote im Web-to-Print-Portal

Für geschlossene Geschäftskunden-Webportale gibt es wiederum verschiedene Möglichkeiten. Stammkunden können in login-geschützten Bereichen Aufträge nachbestellen, Lagerbestände abrufen oder innerhalb des kundenspezifischen Angebots Produkte kalkulieren und Druckdateien hochladen. Bei Produkten mit einer hohen Bestellhäufigkeit werden Corporate-Design-konforme Vorlagen bereitgestellt, die von den Mitarbeitern des Unternehmens individualisiert und bestellt werden.

B2B-Portale sind individuell

In Unternehmen, d.h. bei den Druckereikunden, begegnet man hin und wieder dem „Irrtum“, das angebotene B2B-Portal der Druckerei sei im Prinzip das Gleiche wie das Angebot einer der großen Onlinedruckereien. Und deshalb wolle man für diesen „Service“ natürlich auch nicht bezahlen, denn für die Nutzung des Zugangs bei einer Onlinedruckerei würden ja auch keine Kosten anfallen. Hierauf ist es wichtig zu argumentieren, dass es sich bei einem B2B-Portal um ein kundenindividuelles Angebot handelt, das auf die Geschäftsabläufe und Werbemittel des Kunden angepasst wird.

Austauschbarkeit erschweren

Druckereien, die geschlossene Webportale für ihre Kunden betreiben, sind nicht mehr so leicht austauschbar und die Akquisition von Druckaufträgen wird erleichtert. Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Konzentration von Druckaufträgen durch die Zusammenführung von Bestellungen eines Unternehmens, die ohne Web-to-Print-System dezentral gedruckt und separat abgewickelt wurden, z. B. von Niederlassungen eines Unternehmens. Für den Druckereikunden ergeben sich Zeit- und Kosteneinsparungen aus einer Verminderung des administrativen Aufwandes und durch einfache Abläufe für die Bestellung von Standarddrucksachen.

Weitere Vorteile bestehen für Unternehmen durch den Web-to-Print-Einsatz in Verbindung mit Digitaldruck, wenn Lagerkosten verringert oder Lager sogar vollständig abgeschafft werden können. Auch bietet die bedarfsorientierte Produktion aktueller Drucksachen Wettbewerbsvorteile.

Web-to-Print-Systeme sind IT-Lösungen

Bedenken sollten Druckdienstleister allerdings, dass es sich bei Web-to-Print-Systemen nicht einfach um den „verlängerten Arm“ einer Druckmaschine handelt, sondern um IT-Lösungen, für deren Pflege intern Ressourcen bereitgestellt werden müssen. Das betrifft vor allem den personellen Bereich, die System-Administration und Kundenbetreuung. Die technische Seite kann in der Regel zum Systemanbieter hin „ausgelagert“ werden, der in einem sogenannten „Cloud-Betrieb“ die komplette IT-Infrastruktur bereitstellt.

Fazit

Die Einführung von Web-to-Print als Vertriebskanal und in das Portfolio einer Druckerei erfordert eine strategische Entscheidung – und bietet die Chance, zu den Druckereien zu gehören, die durch zeitgemäße Online-Services konkurrenzfähig bleiben.

Autor: I. Melaschuk
Datum: 01.06.2015