Wie unterscheiden sich Softwarelösungen für Marketingportale, Marketing Automation, Web-to-Print, Crossmedia und Multichannel?

Gliederung von Software in die Einsatzbereiche Marketing, E-Commerce, Kollaboration und Kommunikation

Der komplexe Softwaremarkt für Lösungen rund um Marketing, Produktkommunikation und Publishing kann in Einsatzbereiche gegliedert, technischen Konzepten zugeordnet und somit transparenter gemacht werden. © Melaschuk-Medien

Es gibt immer mehr Softwarelösungen auf dem Markt, die sich als Marketingportal, Marketing-Automation-Plattform, Web-to-Print-Shop, Crossmedia- oder Multichannel-System bezeichnen. Die Orientierung fällt deshalb schwer, auch weil der Funktionsumfang und die Einsatzbereiche der Lösungen sehr unterschiedlich sind oder intransparent erscheinen. Manche Systeme sind spezialisiert, andere wiederum verkaufen sich als Alleskönner.

In diesem Beitrag sollen daher Unterschiede innerhalb der komplexen Systemlandschaft und Anhaltspunkte für eine Beurteilung von Lösungen aufgezeigt werden.

Inhalte:

Wie sind webbasierte Marketing- und Publishing-Systeme aufgebaut?

Zunächst wird der Aufbau von webbasierten Marketing- und Publishing-Systemen beleuchtet, die auch „Web-to-Publish-Systeme“ genannt werden.

Es geht dabei um den generellen Aufbau webbasierter Portale für den Mehrbenutzerbetrieb mit einem Webbrowser. Nicht einbezogen in die Betrachtung ist Software, die für Einzelnutzer gedacht ist und zwar webbasiert zur Verfügung gestellt wird, dann aber offline genutzt wird, wie zum Beispiel Office-Lösungen.

Der Systemaufbau von webbasierten Publishinglösungen

Übersicht zum Systemaufbau mit den Bereichen Frontend, Backend (Administration), Datenbankbasis und Anwendung, Medienkanäle und Schnittstellen. © Melaschuk-Medien

Webserver und Datenbankbasis

Die Anwendung wird auf einem Webserver bereitgestellt, wobei die gesamte Serverstruktur sehr umfassend und individuell konfiguriert sein kann.

Die Datenbankbasis der Applikation ist häufig mySQL, MS-SQL oder Oracle. Dadurch können Nutzerdaten, Dokumente und Dateien strukturiert verwaltet werden. Diese Datenbankbasis ist aber nicht zwangsläufig identisch mit spezialisierten Medien- oder Produktdatenbanken, die integriert sein können oder extern betrieben und per Schnittstelle angebunden werden.

Medienproduktion

Die Grundfunktionalität der Webplattform ist die Medienproduktion mit den unterschiedlichsten Schwerpunkten, wie Werbemittel-Individualisierung, Database Publishing, Mailingproduktion, Übersetzungsmanagement oder auch die Verwaltung von Produkt- und Mediendaten.

Administration

Im Administrationsbereich des Web-to-Publish-Systems, auch Backend genannt, werden alle Einstellungen vorgenommen, die die technischen und organisatorischen Prozesse koordinieren und steuern. Dazu gehören im Wesentlichen die Benutzer-, Rechteverwaltung und Workflowdefinition. In Workflows wird zum Beispiel festgelegt, wer E-Mail-Benachrichtigungen bekommt oder wohin finale Publikationen transferiert werden.

Frontend

Über das sogenannte Frontend greifen Benutzer per Webbrowser auf das System zu. Benutzer können Marketing- und Vertriebsmitarbeiter sein, Übersetzer, Redakteure oder Mitarbeiter aus Filialen eines Unternehmens. Hervorzuheben sind die Vorteile einer einheitlichen Bedienoberfläche, die zentrale Datenverwaltung und der 24-Stunden-Zugriff.

Medienkanäle

Die Plattform ermöglicht die Ausgabe von Publikationen für Medienkanäle, wie zum Beispiel Print, Web, Social-Media oder Webshops.

Interessant ist, inwieweit das System die jeweiligen Publikationen für die Medienkanäle mit internen Funktionen selbst erstellen kann. Ansonsten kann ein Systembruch bestehen, wenn Daten nur exportiert werden und dann in externen Systemen weiterverarbeitet werden müssen. Alternativ kann in solchen Fällen eine Anbindung über Schnittstellen erfolgen.

Schnittstellen

Webportale können autonom betrieben oder per Schnittstellen mit weiteren Systemen verbunden werden. In größeren Unternehmen werden beispielsweise Benutzerdaten importiert, um eine Doppelpflege der Daten zu vermeiden. Andere gängige Verbindungen gibt es zu Kundendatenbanken, also Customer-Relationship-Management-(CRM-)Systemen, Produktdatenbanken, also Product-Information-Management-(PIM-)Systeme, Mediendatenbanken oder Webshops.

... zum Video-Beitrag auf YouTube „Teil 1: Unterschiede Software für Marketing und Crossmedia“

Wie können die Einsatzbereiche der Systeme für Marketing, Kommunikation und Publishing klassifiziert werden?

Die breit gefächerten Einsatzbereiche können in Marketing, E-Commerce, Kollaboration und Kommunikation gegliedert werden. Die vorgestellten Szenarien sind typische Beispiele und es gibt Plattformen, die mehrere Gebiete abdecken. Hier muss dann hinterfragt werden, wo die jeweiligen Anbieter den Schwerpunkt mit ihrem System abbilden.

Die Kategorien Marketing, E-Commerce, Kollaboration und Kommunikation von Softwarelösungen

Kategorien von Softwarelösungen: Marketing, E-Commerce, Kollaboration und Kommunikation. © Melaschuk-Medien

Einsatzbereiche im Marketing

Werbemittel- und Marketingservice-Portale

Die gängigsten Anwendungen im Marketing sind Werbemittel-Portale von Unternehmen oder Marketingservice-Portale, die für geschlossene Nutzerkreise, wie Mitarbeiter von Filialen oder Niederlassungen, angeboten werden. Das vorrangige Ziel ist die erfolgreiche Positionierung von Unternehmen am Markt und das Portalangebot umfasst gedruckte oder digitale Werbematerialien. Zentrale Corporate-Design-konforme Vorlagen sichern das Erscheinungsbild von Marken.

Ein Beispiel ist ein Marketingservice-Portal für Handwerksbetriebe, das von einem Solartechnologie-Hersteller betrieben wird und individualisierbare Flyer, Anzeigen, Visitenkarten oder Bedienungsanleitungen enthält.

Dialogmarketing, Marketing Automation

In Dialogmarketing-Systemen, auch Marketing-Automation-Systeme genannt, werden personalisierte Marketingaktionen mit mehreren parallel aktiven Medienkanälen umgesetzt, die miteinander vernetzt sind.

Ein Beispiel ist die Werbeaktion eines Restaurants, das ein Printmailing inklusive einer personalisierten URL mit Gutscheincode versendet. Auf einer Landing-Page kann der Gutschein zur Einlösung im Restaurant aktiviert werden. Die „Automation“ besteht darin, dass der Kampagnenablauf zeit- und aktionsgesteuert auf Basis von Workflows selbsttätig abläuft.

Web-Content-Management-Systeme (CMS)

Hauptaufgabe von Web-Content-Management-Systemen (Web-CMS) ist die Erstellung von „öffentlichen“ Websites, wie Webauftritte von Unternehmen oder auch Landing-Pages. Landing-Pages sind spezialisierte Webseiten für ein bestimmtes Produktangebot oder eine Marketingaktion, wie ein Formular für eine Gewinnspiel-Teilnahme.

Die Einsatzbereiche von Software in den Kategorien Marketing, E-Commerce, Kollaboration und Kommunikation

Typische Einsatzbereiche von Softwarelösungen für Marketing, Kommunikation und Publishing. © Melaschuk-Medien

Automationsbasierte Multichannel-Produktionssysteme

Automationsbasierte Multichannel-Produktionssysteme werden zur datenbankbasierten, automatisierten Ausleitung von Produktinformationen in Printkataloge und digitale Ausgabekanäle, wie Webshops, Websites oder Apps, eingesetzt. Die Datenquellen stammen meist aus Warenwirtschaftssystemen, Product-Information-Management-(PIM-) oder Media-Asset-Management-(MAM-)Systemen.

Die Systembetreiber sind häufig Produkthersteller, die ihr Angebot in Onlineshops oder Websites präsentieren und gleichzeitig auch Printwerbung machen, wie zum Beispiel Möbelhersteller. Deshalb ist dieser Einsatzbereich in Marketing und E-Commerce gleichzeitig angesiedelt.

Einsatzbereich im E-Commerce

Der Bereich E-Commerce umfasst internetbasierte Plattformen für Einkaufs- und Bestellvorgänge. Ebenfalls zum E-Commerce und gleichzeitig zum Marketing gehören Webshops für B2C-, B2B- und Industrieprodukte, die individualisierbar und bedruckbar sein können oder konfiguriert werden, wie zum Beispiel Fahrräder oder Autos. Auch Drucksachenshops mit Druckdatei-Upload- oder Individualisierungs-Funktionen gehören in diese Kategorie.

Einsatzbereich Kollaboration

Bei der Kollaboration wird die Zusammenarbeit mehrerer Beteiligter unterstützt. Gegenstand der Kollaboration sind zentrale Dokumente und Inhaltsbausteine, die gemeinschaftlich erstellt, bearbeitet und kommentiert werden.

Dazu gehören Redaktionsplattformen, mit denen Zeitungen und Magazine hergestellt werden oder auch mehrsprachige Publikationen auf der Basis von Masterdokumenten, sogenannte Übersetzungsportale.

Einsatzbereich Kommunikation

Medien- und Kommunikationsportale sind Plattformen, in denen Medienobjekte, wie Bilder, Texte, Video- und Audiodateien oder Dokumente zur zentralen Abstimmung, Information, Recherche, Umwandlung und Verteilung bereitgestellt werden. Ein Beispiel hierfür ist ein Presseportal eines Unternehmens.

... zum Video-Beitrag auf YouTube „Teil 2: Unterschiede Software für Marketing und Crossmedia“

Welche technischen Systemkonzepte liegen den Marketing- und Publishing-Systemen zugrunde?

Die Einsatzbereiche können technischen Systemkonzepten zugeordnet werden. Diese Konzepte beschreiben die Handhabung von zentralen Vorlagen (englisch: template) und Dokumenten in den Systemen. Die Systemkonzepte werden in die Kategorien vorlagenbasiert, dokumentbasiert, automationsbasiert und vernetzungsbasiert eingeteilt.

Vorlagenbasiertes Systemkonzept

Beim vorlagenbasierten Systemkonzept werden gestaltete Vorlagen auf dem Webserver zentral bereitgestellt. Diese Vorlagen enthalten einerseits unveränderbare Gestaltungselemente (wie ein Logo) und andererseits Elemente, die von Benutzern verändert werden dürfen. Bei Aufruf einer Vorlage wird eine Kopie, also ein Dokument, erstellt. So kann sich eine x-beliebige Anzahl an Benutzern jeweils eine Kopie dieser Vorlage aufrufen und individualisieren.

Die typischen Einsatzgebiete sind Werbemittelportale oder auch Webshops, wenn die Produkte individualisiert werden, wie Drucksachen oder zum Beispiel Getränke mit individuellen Etiketten.

Das vorlagenbasierte Systemkonzept in Software für Marketing und Kommunikation

Das vorlagenbasierte Systemkonzept wird überwiegend in Werbemittel- und Marketingservice-Portalen eingesetzt, in „öffentlichen“ Webshops teilweise im Rahmen der Produkt-Individualisierung. © Melaschuk-Medien

Dokumentbasiertes (kollaboratives) Systemkonzept

Beim dokumentbasierten Systemkonzept werden Dokumente von mehreren Benutzern gleichzeitig, also kollaborativ, bearbeitet. Auch Websites können in einer Art „Baukastensystem“ zusammengestellt werden. Die Bearbeitungsrechte der Nutzer werden über die Rechte- und Rollen-Verwaltung im Backend geregelt.

Beispiele sind Redaktionssysteme für Zeitungen, Übersetzungsmanagement-Plattformen oder auch Web-Content-Management-Systeme.

Das dokumentbasierte Systemkonzept in Software für Marketing und Kommunikation

Das kollaborative (dokumentbasierte) Systemkonzept ist Basis in Redaktionssystemen, Übersetzungsportalen und Web-Content-Management-Systemen. © Melaschuk-Medien

Automationsbasiertes Systemkonzept

Beim automationsbasierten Systemkonzept werden Gestaltungselemente in Layoutvorlagen mit Feldern aus Datenbanken verknüpft. Das können Drucklayout-Vorlagen sein oder auch HTML-Vorlagen. „Auf Knopfdruck“ fließen dann die Datenbankinhalte, wie Produktdaten, Bilder oder Texte in die Vorlage ein und die Seiten der Publikation werden automatisch erzeugt – entsprechend der Menge an Datensätzen in der Datenbank.

Hersteller, die ihre Produkte in Websites, Webshops und gleichzeitig auch in Printprodukten und weiteren digitalen Kanälen präsentieren, setzen solche Systeme ein.

Das automationsbasierte Systemkonzept in Software für Marketing und Kommunikation

Das automationsbasierte Systemkonzept wird in Multichannel-Systemen umgesetzt, die Datenbankinformationen zum Beispiel mit Printmedien und Webshops verknüpfen und automatisiert ausleiten. © Melaschuk-Medien

Vernetzungsbasiertes Systemkonzept

In vernetzungsbasierten Systemen werden mehrere Werbemittel kombiniert und verknüpft, um zum Beispiel Empfänger von Werbebotschaften auf ihrem Weg zu einer Aktion, etwa dem Kauf eines Produktes, zu leiten.

Ein typisches Beispiel sind E-Mail-Newsletter, die Links zu bestimmten Produktseiten in einem Shop enthalten. Dazu werden Vorlagen für Print- und digitale Werbemittel mit variablen Daten aus Datenbanken verknüpft, wie Adressdaten, oder auch Produkt- und Mediendaten (siehe auch „automationsbasiertes Systemkonzept“). Diese Lösungen sind dem Einsatzbereich Dialogmarketing oder Marketing Automation zugeordnet. „Automation“ bedeutet, dass die Kampagnen automatisiert auf Basis von Workflows ablaufen.

... zum Video-Beitrag auf YouTube „Teil 3: Unterschiede Software für Marketing und Crossmedia“

Das vernetzungsbasierte Systemkonzept in Software für Marketing und Kommunikation

Das vernetzungsbasierte Systemkonzept ist die Grundlage von Dialogmarketing- und Marketing-Automation-Systemen. © Melaschuk-Medien

Wie findet man das richtige System?

Viele Systemanbieter haben einen Schwerpunkt in einem der vorgestellten Einsatzbereiche und Systemkonzepte oder erweitern ihre Möglichkeiten durch die Integration von Partnersystemen. Um das passende System zu finden, werden mit einer geeigneten, strukturierten Methode zunächst die individuellen Anforderungen ermittelt und diese mit den Möglichkeiten der Softwarelösungen abgeglichen.

Weitere Informationen zur Vorgehensweise bei einer Systemauswahl:

https://www.melaschuk-medien.de/unternehmen/beratungen.html

Eine umfassende Übersicht zu Systemen bietet die Marktübersicht Web-to-Publish:

https://www.melaschuk-medien.de/web-to-publish-software.html

Autor: Ira Melaschuk
Datum: 16. Juli 2020